- Worum ging es?
Die Sparkasse Nürnberg hat Ihren Kund:innen seit den 1990er-Jahren Prämiensparverträge namens "Prämiensparen flexibel" angeboten. Dabei sollten die Sparer nicht nur die regulären Zinsen erhalten, sondern auch eine attraktive jährliche Prämie. Viele Verbraucher:innen schlossen diese Verträge ab und vertrauten der Sparkasse ihre Ersparnisse an.
Im Jahr 2019 begann die Sparkasse Nürnberg diese Verträge unter Berufung auf die Niedrigzinsphase zu kündigen. Aus Sicht der Verbraucherzentrale erfolgte jedoch ein Teil dieser Kündigungen widerrechtlich. Außerdem geht die Verbraucherzentrale davon aus, dass die Sparkasse ihren Kund:innen während der Laufzeit der Sparverträge zu wenig Zinsen gezahlt hat.
Die Sparkasse hat weder die Kündigungen zurückgenommen, noch den Kund:innen die zu wenig gezahlten Zinsen erstattet. Deshalb hat der Verbraucherzentrale Bundesverband Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg erhoben, um allen betroffenen Verbraucher:innen zu ihrem Recht zu verhelfen.
Ergebnis der Klage
- Was ist das Ergebnis des Verfahrens?
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 23. September 2025 (AZ: XI ZR 29/24) festgelegt, wie die Zinsen für die Prämiensparverträge der Sparkasse Nürnberg zu berechnen sind. Maßstab für die meisten Verträge ist laut BGH die Zeitreihe für Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von acht bis 15 Jahren (ehemals WU 9554).
Verbraucher:innen, die sich wirksam für die Musterfeststellungsklage registriert haben, können sich gegenüber der Sparkasse Nürnberg auf das Urteil des Gerichts beziehen und eine Zinsnachzahlung nach den getroffenen Feststellungen fordern. Die Verbraucherzentrale geht davon aus, dass die Sparkasse Nürnberg die Forderungen von Verbraucher:innen begleicht. Das sollte sie aus Rücksicht auf das öffentliche Ansehen und zur Vermeidung weiterer Klagen tun. Sollte sich die Sparkasse weigern, berechtigte Forderungen zu erfüllen, können Betroffene auf Basis der verbindlichen Festlegungen des BGH ihre Ansprüche durchsetzen – notfalls auch mit einer weiteren Klage.
Der Bundesgerichtshof folgte der Auffassung der Verbraucherzentrale, dass bei Prämiensparverträgen, in denen eine Laufzeit von 1188 Monaten vereinbart war, eine Kündigung für diesen Zeitraum ausgeschlossen ist. Bei Verträgen ohne ausdrückliche Laufzeitvereinbarung endet der Kündigungsausschluss hingegen bereits mit Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren.
- Was hatte der vzbv gefordert?
Mit dem Verfahren wollte der vzbv feststellen lassen, dass die von der Sparkasse Nürnberg verwendete Klausel zur Zinsanpassung unwirksam ist. Das Gericht sollte festlegen, nach welchen Vorgaben die Sparkasse Nürnberg die Zinsen in den Sparverträgen berechnen muss. Das Gericht sollte auch feststellen, dass die Sparkasse sich bei der Zinsnachzahlung nicht auf eine Verjährung der Ansprüche berufen kann. Schließlich richtete sich die Klage auch gegen die Kündigungen der Prämiensparverträge durch die Sparkasse.
Was bedeutet das Ergebnis für Betroffene?
- Was muss ich als Betroffene:r jetzt tun?
Wenn Sie sich wirksam für Klage angemeldet haben, können Sie jetzt Neuberechnung und Nachzahlung Ihres Prämensparvertrages von der Sparkasse Nürnberg verlangen. Verwenden Sie dazu gerne den Musterbrief der Verbraucherzentrale.
Falls Sie eine Laufzeit von 1188 Monaten mit der Sparkasse vereinbart haben, und den Vertrag weiterführen möchten, können Sie sich gegenüber der Sparkasse ebenfalls auf das Urteil berufen.
- Für welchen Zeitraum kann ich Geld zurückverlangen?
Die Sparkasse muss die Prämiensparverträge über die gesamte Laufzeit, von Vertragsbeginn bis Vertragsende, neu berechnen. In vielen Fällen hat die Sparkasse den Prämiensparvertrag durch Kündigung beendet. Wenn eine Laufzeit von 1188 Monaten vereinbart wurde, kann der Vertrag immer noch laufen, auch wenn die Sparkasse die Kündigung erklärt hat.
- Bis wann muss ich das Geld fordern?
Am besten fordern Sie die Sparkasse sofort zur Neuberechnung und Nachzahlung auf. Die Musterfeststellungsklage hemmt die Verjährung für diejenigen Verbraucher, deren Ansprüche wirksam angemeldet und im Klageregister eingetragen wurden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat die Musterfeststellungklage gegen die Sparkasse Nürnberg im Juli 2020 erhoben, so dass auch Nachzahlungsansprüche aus Prämiensparverträgen, die beispielsweise im Jahr 2018 gekündigt wurden, heute noch nicht verjährt sind. Achtung: die Verjährung wird (nur) bis sechs Monate nach der rechtkräftigen Entscheidung (BGH-Urteil am 23. September 2025) gehemmt.
- Was ist, wenn die Sparkasse mir einen Nachzahlungsbetrag ohne konkrete Nachberechnung anbietet?
Sie sollten die Sparkasse auffordern, Ihnen eine nachvollziehbare Neuberechnung vorzulegen, aus der die Berechnungsgrundlagen (u.a. der Referenzzinssatz, das Anpassungsintervall, das Äquivalenzverhältnis) und der Berechnungsverlauf erkennbar sind. Verwenden Sie gerne den Musterbrief.
- Muss ich für die Zinsnachzahlung Steuern zahlen?
Von dem Nachzahlungsbetrag müssen Sie grundsätzlich Kapitalertrags-, Solidaritäts- und eventuell Kirchensteuer abführen. Die Höhe hängt auch von Ihrem Freistellungsauftrag ab. Bei weiteren Fragen dazu können Sie sich an anderer Stelle informieren, beispielsweise bei einem Steuerberater.
- Was ist, wenn die Sparkasse nicht zahlt oder nicht reagiert?
Die Musterfeststellungsklage ist keine Leistungsklage.
Falls die Sparkasse der Aufforderung zur Neuberechnung und Nachzahlung nicht nachkommt, können Sie die Ansprüche individuell gerichtlich geltend machen. Das zuständige Gericht ist dabei an die Feststellungen des Musterfeststellungsverfahrens gebunden.
- Waren die Kündigungen wirksam?
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können die Sparkassen Prämiensparverträge bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe grundsätzlich nicht kündigen. Bei der Sparkasse Nürnberg wurde die höchste Prämienstufe nach 15 Jahren erreicht. Danach waren Kündigungen möglich.
Verträge, in denen eine Laufzeit von 1188 Monaten vereinbart war, kann die Sparkasse Nürnberg nicht schon nach 15 Jahren kündigen.
Wer kann mich beraten?
- Infotelefon der Verbraucherzentrale Bayern
Fragen zu dem Klageverfahren beantwortet die Verbraucherzentrale Bayern an ihrem Infotelefon zum Ortstarif. Zu erreichen ist dieses dienstags von 9 bis 12 Uhr unter (089) 55 27 94 200.
Teilnahme an der Musterfeststellungsklage
- Kann ich mich der Klage gegen die Sparkasse Nürnberg noch anschließen?
Nein, Sie können sich nicht mehr anmelden.
Allgemeine Informationen zur Teilnahme an Musterfeststellungsklagen finden Sie unter "Häufig gestellte Fragen zur Teilnahme an einer Sammelklage".
- Kann ich mich von der Klage wieder abmelden?
Nein, eine Abmeldung von der Klage ist nicht mehr möglich.